Sonntag, 4. November 2012

Ein Kommentar zum Urteil im Hamburger "Piraten"-Prozess

Gegen postkoloniale Justiz!

"Ich spüre ein großes Unrecht", sagte einer der Angeklagten. "Betroffen ist die Freiheit des internationalen Seeverkehrs", sagte der Richter. 

Der seit fast zwei Jahren andauernde 'Piraten'-Prozess gegen zehn somalische Angeklagte in Hamburg ist am 19. Oktober 2012 zu Ende gegangen. Nach 105 Verhandlungstagen ist es eher plötzlich zur Urteilsverkündung gekommen.

Zwei Tage zuvor, als die Plädoyers schon alle gehalten waren und die Angeklagten ihr 'letztes Wort' hatten, nannte einer von ihnen überraschend noch einen Zeugen. Dieser sollte beweisen, dass der Angeklagte D., der sich durch seine belastenden Aussagen gegenüber den Anderen selbst zum 'Kronzeugen' befördert hatte, ein Lügner ist. Wie die meisten Entlastungszeugen wurde der Antrag abgelehnt.

Dann wurde zum sechsten Mal die Beweisaufnahme geschlossen und der Richter verkündete das Urteil.
Er sprach ruhig und gelassen, vier Stunden lang - nach einer angemessenen Pause, damit die Presse und der Oberstaatsanwalt auch dabei sein konnten - wie sich das gehört für eine solche Inszenierung. Schuldig des vollendeten erpresserischen Menschenraubs und des bewaffneten Angriffs auf den Seeverkehr. Zeit und Ort der Tat: April 2010, 500 Seemeilen vor der Somalischen Küste an Bord des deutsch-geflaggten Containerschiffs Taipan.

Die Strafen: zwei Jahre Haft für die drei Heranwachsenden, die schon zwei Jahre Untersuchungshaft hinter sich haben und damit jetzt frei sind. Sechs bzw. sieben Jahre für die Älteren. Auch der 'Kronzeuge', für den der Staatsanwalt einen Rabatt von vier Jahren vorgesehen hatte, musste sechs Jahre einstecken.

Ende eines (Lern)Prozesses

Die detaillierte Begründung der strafmildernden und belastenden Umstände jedes Angeklagten hörten sich an wie eine Zusammenfassung der Kritik, die Prozessbeobachter_innen in den letzten zwei Jahren geäußert hatten. Es war die Rede von Vernichtung des Fischbestands durch ausländische Fangflotten, Giftmüllverklappung vor der Küste Somalias und kolonialistischer Justiz.
Der Richter sprach sogar von "Subsistenzpiraterie", ein Begriff, der vor Prozessbeginn sicherlich nicht zu seinem Wortschatz gehörte, und so waren viele Anwesende überrascht von dem offensichtlichen Lernprozess.
Die Begründung der Haftstrafen basiert auf zwei Dingen.
Erstens, die Vermutung, dass es keine Zwangsrekrutierung gegeben habe, wie fast alle Angeklagten geltend gemacht hatten. Diese Argumentation war durch die standhafte Weigerung des Gerichts möglich geworden, auch nur einen Zeugen aus Somalia zu hören, der die Aussagen der Angeklagten hätte bestätigen können.
Zweitens die angeblich professionelle Ausrüstung und die militärische Vorgehensweise der Somalier, angeblich bewiesen durch die verwendeten Schnellboote, Waffen und den Sachschaden an der Taipan.

Feuer frei für Atalanta (1)

Wer die Bilder der mit T-Shirts und Flip-Flops bekleideten Somalier bei ihrer Gefangennahme gesehen hat, fragt sich, wie denn nach Ansicht des Richters eine nicht-militärische Truppe aussehen würde. Und inwieweit die Einschüsse auf der Taipan durch das Dauerfeuer der holländischen Fregatte während der Befreiungsaktion entstanden sind, wurde nie untersucht.
In vielen Aspekten musste der Richter zugeben, dass es ihm trotz 105 Verhandlungstagen nicht gelungen war, der Wahrheit näher zu kommen.
So konnte nicht festgestellt werden, wer als Erster die Taipan geentert, wer das Ruder übernommen, und wer geschossen hatte. Allerdings gestand er den Angeklagten zu, nicht diejenigen zu sein, die die Aktion geplant hatten und dass sie keine Tötungsabsicht hatten. Der zaghafte Ansatz des Gerichts, anzuerkennen, dass es problematisch ist, Ereignisse vor der Küste Somalias mit deutschen Rechtsbegriffen zu erfassen, hat es nicht daran gehindert, lange Haftstrafen zu verhängen. Stattdessen glich die Urteilsbegründung stellenweise seelischer Körperverletzung.

Zwei Punkte machten die Bereitschaft des Gerichts, eine Re-Traumatisierung in Kauf zu nehmen, besonders deutlich.

Einer der Angeklagten hatte sein Alter mit 13 angegeben. Hätte das Gericht das akzeptiert, hätte er hier nicht in Untersuchungshaft genommen werden können und es hätte ihm kein Strafprozess gemacht werden können. Deshalb wurde alles unternommen, ihn älter zu machen. Seine Geburtsurkunde, Bescheinigungen der Schule und der eigenen Mutter wurden ignoriert mit der Begründung, dass es in Somalia keinen funktionierenden Staat gäbe und es daher auch keine gültigen Urkunden geben könne [vgl. Artikel in GWR 368].

Stattdessen wurden die zweifelhaften Methoden der Hamburger Gerichtsmedizin herangezogen. Der Angeklagte war nach seiner Ankunft in Hamburg ohne Übersetzer zu einer Altersfeststellung gebracht worden, wo er mit Hand- und Fußfesseln gewogen und seine Hand unter ein Röntgengerät gehalten wurde. Der junge Somalier, der noch nie moderne medizinische Geräte gesehen hatte, ging davon aus, dass ihm die Hand abgehackt werden würde.

Ein anderer Angeklagter ist seit längerem psychisch krank. Sein kleiner Sohn war entführt worden, um ihn zur Begleichung seiner Schulden zu zwingen. Er hatte ausgesagt, an dem Überfall auf die Taipan teilgenommen zu haben, um seinen Sohn auslösen zu können, hatte dies aber in seinem Schlusswort nicht wiederholt.

Für den Richter war seine Aussage damit unglaubwürdig. Der Angeklagte hätte also die für ihn traumatisierenden Geschehnisse wiederholen müssen, um glaubwürdig zu bleiben. Der Gedanke, dass es für den Angeklagten unerträglich sein könnte, die Geschichte nochmals erzählen müssen, ist dem Richter offensichtlich nicht gekommen.

Die genannten Ungereimtheiten bestätigen die Einschätzung, dass es bei der gesamte Inszenierung, inklusive Urteilsbegründung, vor allem darum geht einen Millionen schweren Militäreinsatz gegenüber der Öffentlichkeit zu legitimieren. Dutzende hoch gerüstete Kriegsschiffe aus den Machtzentren der Welt sind nicht wegen ein handvoll Piraten mit alte Waffen und Flipflops im Einsatz, sondern weil es um die Kontrolle des Warenverkehrs zwischen den Produktions- und Konsum-Zonen geht.
reclaim-the-seas.blogspot.com

http://graswurzel.net/373/piraten.shtml





Dienstag, 14. August 2012

26.8.12 Kulturelel knastkundgebung

Somalische wunschmusik und die beste songs aus und über gefägnisse diese Welt.
Reden und Open Mic.

Planten und Blomen for dem Untersuchungsgefängniss.

Montag, 23. Januar 2012

Jubiläums Protokoll 70 Prozess Tag – 20.01.2012- Richter schließt Beweis Aufnahme und Angeklagter fragt ihm ob das Gericht nur für deutsche Gerechtigkeit hat.



Der zettel gehört mir. Allerdings sieht der zettel anderes aus als ich den abgegeben habe.
Der zettel war nicht beschädigt
Die erste Zeilen Nummer gehört meine Frau.
Ich habe versucht sie anzurufen , das erstmal war dran jemand der sie nicht kannte.

Die andere Nummer gehört mein Bruder.
Dagawayne bedeutet der mit den großen Ohren. Mein Bruder hat noch größere Ohren als ich .
Sein Beruf ist Zimmermann mit Piraterie hat er nichts zu tun.

Die letzten Telefon nummern ist von meine Mutter.
Ich habe den zettel nicht abgerissen.
Das Papier war ganz als es mir abgenommen würde.
So wie es vorgelegt wird hier würde es mir nicht abgenommen. Das muss der der das aufbewahrt hat erklären.

R: werden weitere fragen beantwortet?
Wann würde der zettel ihnen abgenommen?
Sind sie bereit den zettel den Gericht zu übergeben?

RA er möchte nicht das es zur Akte genommen wird, weil es nicht so ist wie es ihm abgenommen würde.

R:das würde bedeuten das es beschlagnahmt wird.

Staatsanwalt: beantragt beschlagnahme.

Zettel wird beschlagnahmt!

 
A: ich habe eine frage sie Herr Richter: Ich bin in Somalia zu Welt gekommen. Ich würde hier nach Deutschland verbracht, wir befinden uns hier in Deutschland .Ich kenne mich hier nicht aus. Ich weiß nicht was Gerechtigkeit hier ist.
Vertreten sie nur deutsche?
Aber alle andre haben auch das recht.
Bevor ich überhaupt was sage möchte ich wissen: gibt es hier Gerechtigkeit?

R: wir verhandeln hier seit 70 tage nach deutsche Prozessordnung die für jeden selbstverständlich gilt. Jeder angeklagter hat 2 Verteidiger und ein erhebliche teil des Verfahrens ist darauf gegangen die Situation in ihre Land zu Verstehen.

Eine frage an sie Herr Richter:
Sind sie verheiratet? Haben sie eine Frau?
Wissen sie alle Telefonate das ihre Frau macht? Kennen sie alle nummern?

Ich kann alles nachweisen, aber ich glaube sie wollen es nicht wissen.

A: ich habe eine frage sie Herr Richter: Ich bin in Somalia zu Welt gekommen. Ich würde hier nach Deutschland verbracht, wir befinden uns hier in Deutschland .Ich kenne mich hier nicht aus. Ich weiß nicht was Gerechtigkeit hier ist.
Vertreten sie nur deutsche?
Aber alle andre haben auch das recht.
Bevor ich überhaupt was sage möchte ich wissen: gibt es hier Gerechtigkeit?


Mittwoch, 21. Dezember 2011

65 Prozesstag"Ich hoffe Herr Vorsitzender das Gott sie hilft ein schnelles Urteil zu finden."

65 Prozesstag .21.12.2011 - Mehrere angeklagte sagen was zu ihren Wunsch sofort verurteilt zu werden. Einer angeklagter bittet das Gericht sein zeugen, den sie abgelehnt haben, doch anzuhören.

"Ich habe keine angst von ihre Verurteilung. Sie können mich so viel verurteilen wie sie wollen.
Nur sofort!"

A:
Ich möchte das hohe Gericht, die verehrte Richter, grüßen.
Ich beantrage die Schöffen das sie mich beurteilen. Ich bin seit 2 Jahre in Haft.
Ich kann nicht mehr leben.
Ich hoffe es kommt zu einem Urteil, so Gott will.
Ich habe rede und Antwort gestanden, ich bitte sie das sie das würdigen um mich zu beurteilen.
Bitte zögern sie nicht.
Ich möchte gerne mit ein  neuen leben weiter anfangen.Meine Kinder warten, ich möchte Geld verdienen.
Ich kann nicht wie ein Schüler hier ewig sitzen und mir das anhören.
Bitte verurteilen sie mich.
Sehr verehrte Richter.
Ich habe keine angst von ihre Verurteilung. Sie können mir so viel verurteilen wie sie wollen.
Nur sofort!

B:
Ich möchte auch was sagen.Ich möchte Herr verehrte Richter sie grüßen und den Staatsanwalt.
Ich bin der erste der gestanden hat und mitgewirkt hatte.
Sie müssen wissen das ich im Gefängnis noch kränker geworden bin als ich war.
Ich muss mich überwinden um hier zu reden.
Ich möchte das hohe Gericht herantragen das ich mich anschließe: ich möchte verurteilt werden.
Ich möchte mein leben neu beginnen.

C:
Ich Grüße die verehrte Richter, Gericht , Wächter .
Ich tue auch den Staatsanwalt  grüßen.
Ich möchte zwei Dinge bemerken:
über meine leben Situation und die Lebensverhältnisse in Somalia haben die RA  ihnen viel erklärt.
Mit viel Recherche Arbeit haben mein RA geschafft die zeugen zu finden in Somalia und sie den Gericht als zeugen benannt.
Das Gericht hat nachdem sie es gehört haben gesagt das es nicht möglich ist.
Ich möchte deswegen nochmals anregen das mein Familie von mir abhängig ist .
Ich kann ihnen sagen an wem sie sich wenden können.
Ich bin in Gedanken bei meine Familie.
Deswegen beantrage ich sehr geehrtes Gericht : wie sie es für richtig halten vorzugehen und mich verurteilen .

D:
Ich Grüße auch das hohe Gericht. Auch die Wächter und die RA .
Sehr verehrte Richter : ich frage sie:
Halten sie es für recht das jemand der sich retten kann ,das er sich retten soll , muss?
Und als zweites:
ich möchte das mein zeuge angehört wird.
Sie haben mit ihm telefoniert in Somalia gibt es nicht vergleichbares Prozessordnung wie hier.
Er sagt was er gerade gehört hat.Die Gesetze sind nicht so wie hier.
Sie haben mit ihm telefoniert und er hat ihnen gesagt das ich entführt würde...
Sie müssen, und ich hoffe das sie das möchten , mit Sorgfalt überprüfen..
Ich möchte mich retten.

E:
Hohes Gericht, Staatsanwaltschaft, RA, Wächter, Publikum!
Ich wünsche ein guten morgen!
Ich möchte nur sagen das ich Menschen würdig leben möchte.
Ich bin erkrankt, ich habe Gefühle.
Ich hoffe sie verstehen meine Worte und ich habe Vertrauen nach ihren recht hier verurteilt zu werden .Ich bin seit 13 Monate und warte auf Beurteilung.
Bitte verurteilen sie mich schnell.
Ich hoffe das sie Herr vorsitzenden das Gott sie hilft ein schnelles Urteil zu finden.
Ich möchte die Situation erzählen wo ich mich befunden habe.
Ich bin nicht anwesend
Ich fühle mich gefangen in mein Erkrankung.
Ich kann nicht mehr, machen sie Schluss!
Ich habe mein RA gesagt  keine Anträge mehr zu stellen.
Schluss!
Sie können mich verurteilen .Ich denke an meine Kinder, sie haben Hunger
machen sie Schluss
Sie werden mich nicht mehr als ihren Vater erkennen.
Jedes mal das ich versuche die Situation hier zu erklären glauben sie es mir nicht.
Ich flehe sie an: verurteilen sie mich sofort
Ich kann nicht mehr.



Dienstag, 15. November 2011

56 day of Court seen in drawings. "Tell them we are also Europe..."

the judge refuses Dagawayne as witness on the fone because he would not know which Dagawayne it is.

Reading in court a notice that was in the belongings of the acused together with handys sim cards and more personnal staff, where among others things is written: Tell them we are also Europe!

Lawyers complain that the judge plays ping pong with their Motions

Two worlds...

Freitag, 11. November 2011

Ein Jahr Hamburger „Piratenprozess“: U-Haftentlassung für die minderjährigen Angeklagten!

Presse-Information
10. November 2011

Ein Jahr Hamburger „Piratenprozess“:
U-Haftentlassung für die minderjährigen Angeklagten!


BeobachterInnen des Hamburger Prozesses gegen zehn mutmaßliche Piraten fordern die zuständige Kammer des Landgerichts Hamburg erneut auf, die drei minderjährigen Somalier endlich aus der JVA Hahnöfersand zu entlassen. Zu den ProzessbegleiterInnen zählen die Gruppen kein mensch ist illegal Hamburg, die Dritte-Welt-Hafengruppe Hamburg und das Eine Welt Netzwerk Hamburg.

Der Kommissar des Europarates für Menschenrechte, Thomas Hammarberg, hat in verschiedenen Statements darauf hingewiesen, dass Minderjährigen in Haft oft Bildung verwehrt würde und sie dort Gewalt und Missbrauch ausgesetzt seien. Darüber hinaus sei es erwiesen, dass die Haft besonders auf Jugendliche negative psychologische Auswirkungen habe, die sich verschlimmerten, je länger die Haft andauere.

Seit anderthalb Jahren befinden sich zehn Somalier in Untersuchungshaft. Sie sind angeklagt, das Containerschiff Taipan im April 2010 mit Waffengewalt überfallen zu haben. Drei von ihnen sind Jugendliche und Heranwachsende. Vor fast einem Jahr, am 21. November, begann der Prozess; über 50 Verhandlungstage liegen schon hinter den Angeklagten. Anwälte haben im Prozess deutlich gemacht, dass keine Fluchtgefahr bestehe, die Mandanten Meldeauflagen erfüllen und sich dem Prozess nicht entziehen würden. Selbst eine hohe Strafe und die Aussicht auf den prekären Status Duldung würde ihre Mandanten derzeit nicht dazu bringen, nach Somalia zurückzukehren. Dort herrscht Krieg und einige Angeklagte haben den Kontakt zu ihren auf der Flucht befindlichen Familien verloren.

Auf mehr als drei bisherige Haftentlassungsanträge wurde mit dem Ältermachen der Minderjährigen und eines zur Tatzeit Strafunmündigen, mit dem Ignorieren einer somalischen Geburtsurkunde und der Verschärfung der Tatvorwürfe reagiert. Letzte Woche versuchte die Staatsanwaltschaft sogar, die Beweisaufnahme ohne Rücksicht auf die Jugendgerichtshilfe und die Vormünder abzuschließen.
Einige Anwälte wie auch kritische ProzessbeobachterInnen kritisieren – neben zahlreichen anderen Aspekten – das Messen mit zweierlei Maß: Die Jugendlichen sind, verglichen mit Gleichaltrigen aus Hamburg, außergewöhnlich lange in Untersuchungshaft. „Zudem erfolgen die im Jugendrecht vorgesehenen erzieherischen Maßnahmen nicht“, sagt Michaela Goedecke von der Gruppe kein mensch ist illegal Hamburg. Eine altersgerechte Unterbringung sei dringend erforderlich.

Die kritischen BegleiterInnen fragen sich, warum die altersgerechte Unterbringung so hartnäckig verwehrt wird. Wird – was unzulässig wäre und wissenschaftlich widerlegt ist – eine generalpräventive Wirkung erhofft oder sind die Gründe für die Ungleichbehandlung schlicht rassistisch? Oder steht unausgesprochen das Interesse Deutschlands, seine Militäroperation am Horn von Afrika zu legitimieren hinter diesem Prozess und der unverhältnismäßig langen Inhaftierung Jugendlicher?

Nächster Prozesstag ist Montag, der 14.11., um 10 Uhr.


Pressekontakt: Reimer Dohrn, Telefon 0152 08613690


 Die Englishe Version finden Sie :
www.reclaim-the-seas.blogspot.com
______________________________________
Eine Welt Netzwerk Hamburg e.V., Große Bergstraße 255, 22767 Hamburg
Telefon: 040 - 35 89 386, www.ewnw.de

Freitag, 12. August 2011

Fluchthilfe durch kritische Prozessbegleitung?

Presse-Information12. August 2011

Gericht lehnt Haftentlassung im Hamburger Piratenprozess ab!

Offenbar gehen dem Hamburger Landgericht nun endgültig die Argumente aus: Statt die unangemessen lange Untersuchungshaft der Angeklagten aus Somalia endlich zu beenden und den Anträgen der Anwälte auf Haftentlassung zu folgen, wird auf abenteuerliche Weise eine neue Begründung für die angebliche Fluchtgefahr aus dem Hut gezaubert: Solidarische Menschen und kritische ProzessbegleiterInnen werden verleumdet. Sie würden als FluchthelferInnen für die teilweise minderjährigen Somalier bereit stehen, so die Behauptung des Gerichts!
„Diejenigen Prozessbeteiligten, denen wir gerne zur Flucht verhelfen würden, sind der Richter und die Staatsanwaltschaft“ sagt Michaela Goedecke von der Gruppe kein mensch ist illegal Hamburg.

Abgesehen davon, dass das Gericht seine Quellen verschweige, die solche absurden Anschuldigungen zu belegen meinen, werde auf diese Weise der Solidaritätsbegriff und eine kritische Prozessbeobachtung diffamiert, sagen das Eine Welt Netzwerk Hamburg, kein mensch ist illegal Hamburg und die Dritte-Welt-Hafengruppe Hamburg.

Seit anderthalb Jahren befinden sich die zehn Somalier, die angeklagt sind, das Containerschiff Taipan im April 2010 mit Waffengewalt überfallen zu haben, in Haft. Am 15. August läuft der Prozess nach einer längeren Pause weiter. Auf bisherige Haftentlassungsanträge wurde mit dem Ältermachen der Minderjährigen und eines zur Tatzeit Strafunmündigen, mit dem Ignorieren einer somalischen Geburtsurkunde und der Verschärfung der Tatvorwürfe reagiert.

Einige Anwälte wie auch ProzessbeobachterInnen kritisieren – neben zahlreichen anderen Aspekten – das Messen mit zweierlei Maß: Die Jugendlichen sind, verglichen mit Gleichaltrigen aus Hamburg und selbst denjenigen, die einen Menschen auf dem Gewissen haben, außergewöhnlich lange in Untersuchungshaft. Üblich sind in Hamburg sechs Monate, zudem erfolgen die im Jugendrecht vorgesehenen erzieherischen Maßnahmen nicht.
Die jugendlichen Somalier in der Haftanstalt Hahnöfersand bitten seit langem darum, mehr als alle zwei Wochen eine Stunde Deutschunterricht zu bekommen. Weit mehr Stunden könnten ihnen und anderen Gefangenen von einer Deutschlehrerin angeboten werden. Offensichtlich sind sich aber die Justizvollzugsanstalt und das Gericht in ihrer paranoiden Solidaritätsangst einig: der unentgeltlich angebotene Deutschunterricht wird mit dem fadenscheinigen Argument der „Gleichbehandlung“ aller Gefangenen abgelehnt.

Weitere – fadenscheinige - Gründe, warum laut Gericht die Fluchtgefahr bestehen bleibe: Es gebe eine somalische Diaspora in Europa, die auch Geld nach Somalia überweisen und ein Untertauchen ermöglichen würde, außerdem würden die Angeklagten nur einen Duldungsstatus erhalten.

Andere Untersuchungshäftlinge, insbesondere aus Hamburg - die nicht von Somalia nach Deutschland verfrachtet wurden - haben hier Freunde, Geld, Familie. Und aus vielen Ländern der Erde gibt es eine Diaspora in Europa, die meisten überweisen Geld in ihre Herkunftsländer! Einige der Untersuchungshäftlinge haben auch nur einen Duldungsstatus – und werden dennoch nach einigen Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen.

Anwälte haben im Prozess deutlich gemacht, dass keine Fluchtgefahr bestehe, die Mandanten Meldeauflagen erfüllen und sich dem Prozess nicht entziehen würden. Selbst eine hohe Strafe und die Aussicht auf den prekären Status Duldung würde ihre Mandanten derzeit nicht dazu bringen, nach Somalia zurückzukehren. Dort herrscht Hunger, Krieg und einige Angeklagte haben den Kontakt zu ihren auf der Flucht befindlichen Familien verloren.

Die kritischen ProzessbegleiterInnen, darunter die Gruppe kein mensch ist illegal Hamburg, die Dritte-Welt-Hafengruppe Hamburg und das Eine Welt Netzwerk Hamburg, werden diese hilflosen Versuche, die Angeklagten und die solidarischen Menschen gegeneinander ausspielen zu wollen, nicht zulassen. Sie fordern die Einstellung des Verfahrens, die sofortige Haftentlassung aller im Piratenprozess Angeklagten und Schluss mit der Diffamierung von kritischen ProzessbegleiterInnen.